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Durch welche Attribute wird eine Frau gefährlich? Besitzt eine bewaffnete Frau in einer traditionell von männlichen Heldenfiguren bestimmten Welt den gleichen Gefährlichkeitsgrad wie ein bewaffneter Mann? Gelten für Frauen die gleichen Insignien der Macht und des Durchsetzungsvermögens wie für das andere Geschlecht? Mit ihren Serien "Women Are Different From Men" und "The Eight Most Wanted Women" bildet Brigitte Zieger zwei Panoramen gefährlicher Frauengestalten ab.
Es sind Soldatinnen, Revolutionärinnen, Cowgirls und Amazonen, die Brigitte
Zieger in ihrer Serie "Women Are Different From Men" (2011) abbildet. Sie alle
tragen Colts, Revolver oder Gewehre, können mit ihren Waffen über Tod oder
Leben entscheiden. So sie denn scharf sind. Denn wirkt die Soldatin nicht eher
verloren in ihrer schweren Sturmausrüstung, die ältlichen Hausfrauen nicht
vielmehr absurd in ihrem verbissenen Versuch, das weitab vom Betrachter
liegende Ziel ins Visier zu nehmen? Scharf scheinen hier einzig die auf sexy
getrimmten Pin-Ups, die den Betrachter mit aufreizender Geste ebenso tief in
ihr Dekolletee wie in die Mündungen ihrer Waffen blicken lassen. Zeigen die
von Brigitte Zieger zusammengestellten und zu Druckgrafiken verarbeiteten
Fotobeispiele bereits ein alles andere als bedrohliches Bild der
"gefährlichen" Frau, überhöht die Künstlerin diesen Eindruck noch durch ihre
Farbgestaltung. Alle Portraits wurden mit einem Lidschatten versehen, dessen
Ton die gesamte Farbgestaltung der Drucke bestimmt. Als ironischer Glanzpunkt
dient Glitzerstaub, der das Weiblich-Anmutige und Betörend-Funkelnde eines
femininen Klischees zum Ausdruck bringt.
Die Serie "The Eight Most Wanted Women" von 2012 bildet eine Referenz zu Andy
Warhols "The Thirteen Most Wanted Men" von 1964. Warhol hatte die Polizeifotos
der vom amerikanischen FBI meistgesuchten männlichen Verbrecher auf
Siebdrucken vergrößert. Während hier jedoch die Drucktechnik sowie die
verwendete grobe Rasterung die Emotionslosigkeit, ja
Entmenschlichung/Anonymisierung der Gesuchten auf die Spitze trieb, dreht
Brigitte Zieger das Verfahren quasi herum: Die Fahndungsportraits der zu
verurteilenden Frauen sind sorgfältig ausgeführte Zeichnungen, deren feminine
Präsenz / Feminität durch zart glänzenden Lidschatten und funkelnden
Glitzerstaub hervorgelockt, beziehungsweise überhöht wird. Wenn auch nicht
unbedingt schmeichelhaft, zeigen die Polizeifotos der weiblichen Gesuchten
Gesichter, die mal attraktiv, mal unscheinbar, mal romantisch, mal
provozierend wirken. Unterstützt durch die kosmetischen 'Verschönerungen'
werden die Darstellungen der gefährlichen Straftäterinnen so zu traditionellen
Frauenportraits umgedeutet. Verlieren sie damit ihre Brisanz? Werden sie so
ihrer Macht als gesellschaftsgefährdende Individuen enthoben? So oder so: Für
das FBI waren diese Frauen im höchsten Maße begehrenswert.
Übrigens: Unter den annähernd 500 vom FBI gesuchten Straftätern reihten sich
über die Jahre hinweg nur acht Frauen ein; als erste 1968 die der Entführung
beschuldigte Ruth Eiseman. Es folgten Frauen wie Angela Davis, Katherine
Power, Susan Saxe und Donna Willmott, die aufgrund politisch motivierter
Vergehen - im Kampf für die Rechte der US-amerikanischen Schwarzen oder als
Protest gegen den Vietnamkrieg - gesucht wurden.
Sieht sich der Betrachter vor den Serien Brigitte Ziegers tatsächlich einer Reihe gefährlicher Frauen gegenüber? Oder fungiert hier vielmehr der Blick des Betrachters, der 'male gaze' auf das traditionelle Frauenbild, als Mittel der Bedrohung? Fragen, die Brigitte Zieger mit hintergründiger Ironie und einem subtilen Sinn für Geschlechterfallen aufzeigt.